Stationen meiner Marinezeit

13.09.1981

Bei meinem ersten Kontakt mit dem Kreiswehrersatzamt befinde ich mich gerade in der Berufsausbildung. Ich stelle Antrag auf Zurückstellung vom Wehrdienst.

31.08.1982

Musterungsbescheid des Kreiswehrersatzamtes Wesel.
Tauglich ohne Einschränkung. Zurückgestellt bis 28.02.1985.

17.08.1984

Erneuter Antrag auf Zurückstellung, dieses mal zum Abschluss der Fachhochschulreife.

28.08.1984

Laut Bescheid des Kreiswehrersatzamtes (zum letzten Mal) zurückgestellt bis zum 30.06.1985.

04.10.1984

Das Kreiswehrersatzamt teilt die Weiterleitung meiner Unterlagen an die Stammdienststelle der Marine in Wilhelmshaven mit.

Damit ist das Kreiswehrersatzamt zwar meinem Wunsch nachgekommen, den Wehrdienst nicht beim Heer ableisten zu müssen, aber ich hatte auch nicht ernsthaft damit gerechnet gleich bei der Marine zu landen. Sei’s drum - „wenn man den kleinen Finger reicht…“

Meine Eltern dagegen sind eher schockiert. „Marine“, das bedeutet „U-Boot“ und was es heißt U-Boot zu fahren hatte erst kürzlich, die fünfteilige Fernsehfassung des Spielfilms „Das Boot“ eindrucksvoll dargestellt.

25.01.1985

Die Stammdienststelle kündigt die Einberufung zum 01.07.1985 an.

19.03.1985

Der Einberufungsbescheid. Ich habe meinen Dienst am 01.07.1985 bis 18:00 Uhr, in der Marinewaffenschule Eckernförde anzutreten.

11.06.1985

Das Kreiswehrersatzamt teilt Einzelheiten zur Anreise mit.
Abfahrt am 01.07.1985 um 9:00 Uhr mit einem Sonderzug vom Hbf. Oberhausen.

01.07.1985

Grundausbildung in der Marinewaffenschule, Lehrgruppe A, 4. Inspektion.

Neben den, wohl unvermeidlichen Dingen wie Schießausbildung, Formaldienst, Wehrrecht und soldatische Ordnung, etc. nimmt die militärfachliche Ausbildung auf dem Gebiet der Unterwasserwaffenelektronik (Verwendungsreihe 36) den wohl größten Raum ein.

Auf dem Stundenplan stehen neben Theorie

auch praktische Übungen an Simulatoren und Modellen

16.09.1985

Teilnahme an der „Sanitätsausbildung aller Truppen“.

17.09.1985

Die Versetzungsbefehle hängen am Schwarzen Brett aus. Meine nächste Dienststelle: Matrose auf den Minenjagdboot Cuxhaven beim 4. Minensuchgeschwader in Wilhelmshaven.

Laut Marschbefehl liegt die Cux zur Zeit im Marinearsenal. Was ich mir darunter vorzustellen habe weiß ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht.

24.09.1985

Nachweis über die erfolgreiche Ausbildung zum „Unterwasserwaffen (UWWA) ELO Kl 331 Gast“.

01.10.1985

Dienstantritt an Bord. Aus dem Wochenende geht es mit dem Zug nach Wilhelmshaven. Zu den diversen Einrichtungen der Marine verkehren Kleinbusse der Bundeswehr. Man bringt mich zum Stützpunkt Heppenser Groden - zur „4. Einfahrt“, wie die Eingeborenen sagen.

Die Boote des 4. Minensuchgeschwaders liegen an der Scharnhorstbrücke. Tübingen, Wetzlar, Weilheim, Minden, Fulda, … aber von der Cuxhaven keine Spur. Die Wache meint, ich solle es mal im Arsenal versuchen, aber ich müsse mich beeilen, gleich währe Dienstschluss und danach fährt kein Bus mehr.

Toll, also wieder zurück zur Haltestelle. Ich habe Glück. Der letzte Bus bringt mich zum Arsenal. Die Cux hier zu finden ist nicht schwer, sie ist das einzige Boot an der Pier.

Am nächsten Tag dann, die erste „Seefahrt“, wenn man denn so will. Die Cuxhaven verlegt vom Arsenal zurück in die 4. Einfahrt.

02.11.1985

Familienfahrt nach Helgoland.

30.11.1985

Die Cuxhaven fährt mit Reservisten an Bord zur EURO86 Übung nach Esbjerg. Ich habe zu dieser Zeit Heimaturlaub. Schade um die entgangenen Seemeilen.

16.12.1985

Das Vorweihnachtsprogramm der Cuxhaven: „Open Ship” an der Überseebrücke in Hamburg zur 800-Jahr Feier. Auf dem Rückweg nach W’haven Weihnachtsbesuch in Cuxhaven und beim Feuerschiff Elbe I.

18.12.1985

Beförderung zum Gefreiten mit Wirkung zum 01.01.1986

Im Januar 1986

Die Cuxhaven fährt zur Schiffssicherungsausbildung nach Neustadt. Drei von uns, 3WO Bodo Kottmann, ein Obermaat und ich, sind bereits eine Woche vorher zur Individualausbildung angereist. Themen: Brandbekämpfung, Löschmittel, Umgang mit Atemschutzgerät und Rettungsweste, Bemannen einer Rettungsinsel im Wellenbecken.

28.01.1986

Dienstschluss. Die Kameraden bereiten gerade das Backen und Banken vor. Andere sitzen im Mannschaftsdeck vor dem Fernseher. In den Nachrichten die Top Meldung des Tages: „Das Challenger Unglück“.

März 1986

Aufbruch zum Nato Manöver NORMINEX. Zwei Tage lang geht es im „See Marsch“ Zustand durch den Ärmelkanal in Richtung Cherbourg. Danach weiter nach Brest und von dort ins Manövergebiet in die Biskaya. Da werden die Diesel endlich mal wieder so richtig frei geblasen.

16.03.1986

Zur Manöverplanung in Lorient.

26.04.1986

Zwei Wochen non-stop auf See. Allmählich geht der Bezug zur Welt an Land verloren. Zum Fernsehen sind wir zu weit vom Land (Sat-TV gab’s damals noch nicht), im Radio nur französische Sender. Nach zwei Wochen im vier Stunden Rhythmus von Wache und Freiwache stört das auch so richtig niemanden mehr.

Das ändert sich ab dem 26.04.1986, dem Tag der Tschernobyl Katastrophe. Einzige Informationsquelle sind Tickermeldungen der DPA die am Schwarzen Brett aushängen. Warnungen vor bestimmten Lebensmitteln oder vor dem unnötigen Aufenthalt im Freien wirken schon ziemlich befremdlich.

Das beruhigende: Unser Zählrohr aus der ABC Ausrüstung misst nichts verdächtiges. Kein Wunder, in Europa kann man auch kaum viel weiter von der Sache entfernt sein, als hier in der Biskaya.

02.05.1986

Auf dem Rückweg nach Wilhelmshaven mit Zwischenstopp in Brest.

03.05.1986

Manöverabschlußtreffen im Marinearsenal von Cherbourg.

10.06.1986

Beförderung zum Obergefreiten.

Im Juni 1986

Via Nord-Ostsee-Kanal in die Ostsee mit Stopps in Putgarden (Fehmarn) und Rønne (Bornholm).

Im August 1986

Werftliegezeit bei Lürssen in Bremen Lemwerder.

September 1986

Ausmusterung:

Eigentlich hätte ich noch einen Monat lang Dienst zu leisten. Die Brückenkurse für mein E-Technik Studium beginnen aber schon im nächsten Monat. Man ist bereit mich vorzeitig zu entlassen. Allerdings muss dazu erst mal eine Ausmusterung „außer der Reihe“, von Bremen Lemwerder aus, organisiert werden. Zum Glück hat einer unserer Bootsleute im Stützpunkt W’haven etwas zu erledigen und kann mich dorthin mitnehmen.

Keiner weiß Bescheid, aber alle machen mit!

„Sie kommen wegen Ihre Entlassung/Auskleidung? Hmmm, davon weiß ich ja gar nichts!“ „Na, dann sehen wir mal was ich für Sie tun kann…“

Das ist der Tenor in fast allen Dienststuben, aber jetzt, wo nicht gerade ein ganzes Quartal vor der Türe auf seine Entlassung wartet, ist man ausgesprochen Hilfsbereit. Hätte ich das vorher gewusst, dann hätte ich mir eine Entlassungspapiere wohl auch schon viel früher fertig machen lassen können ;-)

…aber was wäre dann aus den vielen schönen Erinnerungen an die Marinezeit geworden? Die gäbe es dann nicht und diese Seite auch nicht.

30.09.1986

Ich erhalte mein Dienstzeugnis.